Obwohl das grafische Schaffen einen bedeutenden Teil von Schmids Gesamtwerk ausmacht, hat er sich ab 1978 hauptsächlich seiner Karriere als freischaffender Künstler gewidmet und sich in erster Linie mit seinen naturalistischen Vogeldarstellungen einen Namen als «Vogel-Schmid» gemacht. Im Jahr 1978 begann er Vögel zu zeichnen und zu malen. Als prägendes Erlebnis nannte er die Beobachtung eines Baumfalken in der Nähe seines Ateliers in Tamins. Von 1978 bis 1982 arbeitete er an einem einzigartigen Monumentalwerk, das die gesamte Avifauna (Vogelwelt) Graubündens abbilden sollte. Dieses Buchprojekt war im Taschenbuchformat geplant und sollte wissenschaftlich genaue Zeichnungen der Vögel, ihrer Nester und Eier enthalten, um bei der Bestimmung der damals in Graubünden lebenden Vogelarten zu helfen. Aufgrund finanzieller Einschränkungen konnte dieses Buchprojekt jedoch nicht realisiert werden. Aus diesem Vorhaben resultierte aber 1982-83 die Einzelausstellung «Greifer und Pfeifer – die Vogelwelt Graubündens» im Bündner Kunstmuseum.
Charakteristisch für die Vogelbilder ist eine Bildsprache, die kontinuierlich zwischen wissenschaftlicher Zeichnung und teilweise freier künstlerischer Interpretation hin und her spielt und Ausdruck von wissenschaftlicher Genauigkeit und Naturverbundenheit zugleich ist.
Sein ganzes Leben lang begleitete ihn die Leidenschaft für Fotografie und das Studium der Natur. Mit seiner «Hasselblad» besaß er eine Kamera, die für damalige Verhältnisse exklusiv war. Die genaue Beobachtung von Vögeln, Rotwild und anderen Bewohnern von Feld und Wald war für ihn stets ein Bedürfnis und eine Inspirationsquelle für sein künstlerisches Schaffen.
Stockente, Bleistift auf Papier, 50 x 35 cm, 1980, HS 397
Nachtwalddrossel, Singdrossel, Misteldrossel, Mischtechnik auf Karton, 50 x 35 cm, undatiert, HS 720
Steinadler im Flug, Lithografie handkoloriert, 64 x 46 cm, 1988, HS 194
Falke, Mischtechnik auf Papier 63 x 45 cm, 1990, HS 14
Gebirgsstelze, Mischtechnik auf Papier, 25 x 25 cm, 1990, HS 11
Schneehase, Bleistift auf Papier, 70 x 50 cm , 1985, HS 27
Waldrand , Bleistift auf Papier, 50 x 70 cm , undatiert , HS 35
Schmid setzte sich akribisch mit Strukturen der Landschaft und mit Bewegungsabläufen von Lebewesen auseinander. Mit seiner intensiven Auseinandersetzung mit seiner Umwelt, mit der Natur und ihrem Formen- und Farbenrepertoire machte Hans Schmid im Alltag oft wenig beachtete Phänomene erst augenfällig.
Gefieder , Bleistift auf Papier, 50 x 35 cm , 1990/91 , HS 645
Stein , Bleistift auf Papier, 50 x 70 cm , 1980 , HS 40
In den 1970er Jahren erlangte der Natur- und Umweltschutz eine größere Bedeutung. Schmid hat zusammen mit anderen Autoren Natur- und Waldlehrpfade erarbeitet, in denen er die gesamte Bandbreite der Lebewesen illustrierte. Diese informativen Tafeln, verfasst in sachlicher Sprache und mit akribischen Darstellungen von Tieren und Pflanzen, bieten auch heute noch einen tiefen Einblick in die Flora und Fauna Graubündens (Naturlehrpfade in Chur, Flims, Lenzerheide, Klosters und Filisur). Sein besonderes Engagement zeugt von Schmids Einsatz für die Sensibilisierung und den Schutz der Natur.
In seinen hauptsächlich realistischen geprägten Darstellungen von Landschaft, Natur und Architektur sind die analytischen Elemente der Bildsprache und die kompositorischen Mittel im Umgang mit der Natur und ihrem Formenreichtum deutlich erkennbar. Die Reduzierung der Landschaft offenbart ein Spiel zwischen Naturalismus und Abstraktion, zwischen Linienführung und Flächengestaltung.
Architektur , Tusche / Gummi Arabicum auf Papier , 50 x 70 cm, 1956, HS 92
Siedlung, Aquarell auf Papier, 22 x 28 cm, 1956, HS 1178
Eine zusätzliche Komponente, die in Schmids nicht-figurativen Werken aus den 1960er Jahren eine grundlegende Rolle für die Komposition und die Bildsprache spielt, ist die Spiralform. Sie dient als meditative, sich ständig wiederholende Urform, die die Schöpfungen des Künstlers prägt. Gleichzeitig manifestiert sich der Wirbel als fortlaufende Wiederholung des Motivs in kräftigen, expressiven Farben, teilweise durch intuitive spritztechnische Eingriffe überlagert. Die Grundform der Spiral- oder Wirbelsilhouette erscheint vereinzelt auch in zunehmend geometrischen Konstruktionen. In rhythmisch angeordneten Schichten von Fläche, Farbe und Raum entfalten Schmids Gouachen und Acrylmalereien eine eigenständige Plastizität
Geometrische Komposition, Goauche auf Papier , 68 x 48 cm , 1984 , HS 174
Abstrakte Komposition, Acryl auf Papier , 75 x 53 , 1990 , HS 1428
Wirbel, Gouache / Gummi Arabicum auf Papier , 76 x 64 cm , 1993 , HS 6
Spiralkomposition , Gouache auf Papier , 53 x 38 cm , 1996, HS 210
Abstrakte Komposition, Acryl auf Holz , 100 x 80 cm, undatiert , HS 1762
Ein weiteres Sujet, dem Schmid seine Aufmerksamkeit schenkte, waren Darstellungen von Menschen als Individuen in ihren persönlichen Lebensumständen. Während die menschliche Gestalt in Schmids Frühwerken oft noch in Form klassischer Akte erschien, stellte er später die menschliche Figur auch durch schlichte Striche dar und betonte dabei immer mehr die Bedeutung des Bühnenmotivs. Arbeiten zur Zirkuswelt zeigen den Menschen in der tragikomischen Figur des Harlekin oder in Gestalt von Artistinnen.
Weiblicher Akt, Filzstift auf Papier, 47 x 25 cm , 1956 , HS 1475
Akrobatin, Ölkreide auf Papier, 70 x 50 cm , 1956 , HS 1540
Harlekin, Mischtechnik auf Papier , 61 x 43 cm , 1957, HS 1598
Harlekin, Siebdruck auf Papier, 52 x 25 cm, 1992 , HS 1422
Die Auseinandersetzung mit der faszinierenden Agilität der Tierwelt zeigt sich durch präzise, schlank aufgetragene und schnell geführte Striche
Pferd, Ölkreide auf Papier, 50 x 70 cm, undatiert, HS 590
Stier, Ölkreide auf Papier, 70 x 100 cm, 1956, HS 1504
In Schmids Spätwerk werden sowohl klare Konturen in den Collagen als auch zarte Pinselstriche sichtbar. In poetisch anmutenden Koloraturen eröffnet Schmid den Betrachtenden Bildräume von Farbklängen und Rhythmen. Die farbige Leichtigkeit lässt sich wohl auch auf seine jährlichen Aufenthalte in Südfrankreich zurückführen. In den Collagen zeigen sich Farben, die Schmid oft in der grafischen Gestaltung der Plakate für den Bündner Tourismus verwendet hat.
Koloratur, Gouache auf Papier, 70 x 50 cm, 1989 , HS 56
Koloratur Südfrankreich, Aquarell, 40 x 30 cm, 2002, HS 1213
Abstrakte Komposition, Collage aus Papierstreifen, 39 x 27 cm , 2006, HS 343
Während seiner Schaffenszeit entstanden auch vereinzelt Plastiken, in denen die architektonische Formensprache deutlich wird. Klare Konturen in schwarz patiniertem Eisen zeigen die Reduktion zu einer rhythmischen, geometrischen und flächigen Komposition.
Eine groß angelegte Skulptureninstallation zeigt ebenfalls das Zusammenspiel von Rhythmus, Fläche und Raum. Sie erhebt sich in Tamins direkt neben Schmids Atelierhaus zum Himmel hin.
Hans Schmid um 1960
Modell für Eisenplastik, Eisenblech geschweisst, 120 x 30 cm, 1959, HS 97
Eisenplastik, Eisen, 330 cm, 2004, Standort: Atelierhaus Tamins, HS 99
In Tamins und Filisur hat Schmid außerdem Wandmalereien in Schulgebäuden realisiert. Als er gegen Ende der 1950er Jahre das Wandbild im Schulhaus Tamins gestaltete, tat er dies nicht allein, sondern zusammen mit den Schülerinnen und Schülern. Er sah darin die Gelegenheit, den Kindern zu zeigen, dass ihre Meinung ernst genommen wird und dass sie an der Gestaltung der Dorfgeschichte teilnehmen können. Schmid beschäftigte sich auch immer wieder mit Projekten für Kinderbücher. Obwohl er zahlreiche Skizzen erstellte, sind daraus leider keine Publikationen entstanden.